Mario Draghi ist einer der maßgeblichsten Exponenten einer bestimmten italienischen und europäischen Führungsklasse von herausragender Art: hochgradig kompetent, mit internationaler Kultur und einem starken Sinn sowohl für Institutionen als auch für den Staat.
Wir studierten gemeinsam Latein und Griechisch an einer katholischen Schule in Rom, die uns eine sehr gute Bildung vermittelte. Mario war ein exzellentre Schüler, sehr ernsthaft und eifrig, aber auch ein toller Basketballspieler. Schon damals hat er sich offenbar auf seine Rolle als EZB-Präsident vorbereitet: in seinem blauen Anzug war er immer tadellos gekleidet, das Haar immer wohlfrisiert. Natürlich waren seine Mitschüler – ich eingeschlossen – immer darauf aus sicherzustellen, dass sein Haar nicht allzu lange perfekt saß!
Mario graduierte mit erstklassigen Auszeichnung an der Universität von Rom, wo er unter einem der brillantesten Ökonomen Italiens studierte, Professor Caffé, dessen Denken ihn sein gesamtes Berufsleben hindurch inspiriert hat. Mario hat seine Zeit viele Jahre lang zwischen Europa den Vereinigten Staaten aufgeteilt. Sein Kontakt zu seinen jungen Studenten während seiner Zeit als Professor für Ökonomie und Geldpolitik an der Universität von Florenz war dennoch nachweislich von großem Einfluss, weil er immer der jungen Generation den Vorrang gab, und zwar sowohl im Denken als auch im Handeln.
Ich habe Mario immer als eine fürsorgliche und neugierige Person mit einem großen Sinn für Humor gekannt. Während seines Jahrzehnts als Generaldirektor des italienischen Finanzministeriums diente er dem italienischen Staat in brillanter Weise und war in dieser Zeit Architekt vieler bedeutender Privatisierungen.
Mario ist es immer gelungen, sowohl mutig als auch vorsichtig zugleich zu sein, und diese Fähigkeit hat seinen Führungsstil in den vielen prestigereichen Positionen charakterisiert, die er im Laufe seiner Karriere eingenommen hat. Mit natürlichem Stolz – als Freund, als Italiener und, am wichtigsten von allen, als Europäer – erkannte ich denselben Mut und jene Ausgeglichenheit in den ersten sehr schwierigen und entscheidenden Monaten von Marios Präsidentschaft wieder. Diese Fähigkeiten sind nunmehr durch gute Arbeit bei der hartnäckigen Verteidigung Europas ergänzt worden.
Mit großer Entschlossenheit und Ausdauer beharrte Mario Draghi auf der EZB-Politik, indem er viel mehr als Beschützer des Währungssystems und der Stabilität agierte, denn als Retter einzelner Staaten ideologischen Vorgaben den Weg zu ebnen. Er ist immer ein großer Unterstützer Europas und des Euros gewesen und hat jede Gelegenheit ergriffen, die Vorteile dieses alleinigen Weges für uns alle hochzuhalten. Er unterstreicht unaufhörlich dessen fundamentalen Wert – Stabilität – angesichts antieuropäischen Populismus in verschiedenen Nationen, eingeschlossen unglücklicherweise Italiens, dessen Regierung sogar in jüngster Vergangenheit betroffen war.
Einer der wichtigsten herauszuhebenden Gesichtspunkte ist, dass Teile der Dysfunktion des europäischen Geldmarkts nicht völlig Schuld der einzelnen Nationen ist, sondern auch Ergebnis der Dysfunktion des europäischen Systems als Ganzes. Der innovative Weg, der die EZB als Verteidiger des Systems sieht, der einschreitet, um Unausgewogenheiten zu beseitigen, hat einen grundsätzlich abschreckenden Effekt auf die Märkte.
Ich möchte mit Nachdruck die Bedeutung der Verteidigung der Integrität der Eurozone bis zum Äußersten, ohne Pna B oder C, unterstreichen, denn niemand kann nur annähernd ernsthafte Schätzungen über die Folgen oder die Kosten anstellen, die das mit sich brächte.
Der couragierte und ausgewogene Mario von heute ist dieselbe Person, die ich seit unserer Schulzeit kenne. Als wir seinerzeit miteinander scherzten und Sport trieben, hätten wir uns wohl niemals vorstellen können, uns bei so einem wundervollen und bedeutsamen Abend wie diesem zu begegnen. Ausgefüllt nicht nur mit allzu verständlichem italienischem Stolz und großer gegenseitiger Zuneigung, sondern auch dem Wunsch, in unseren verschiedenen Rollen den Aufbau des großen europäischen Traums voranzubringen. Einen Traum, der nicht länger warten kann.
Vielen Dank.