Vielen Dank! Es ist mir eine große Ehre, heute hier zu sein und diesen großartigen Preis zu bekommen. Es ist ein überaus wichtiger Tag für mich.
Ich danke Bundeskanzlerin Angela Merkel und
Dr. Joachim Gauck für ihre freundlichen und starken Worte und für ihre Wertschätzung. Danke, ich werde diesen Tag nie vergessen!
Eine Karikatur ist eine Idee mit einer Linie drumrum. Diese Idee sollte vorzugsweise so leicht verständlich sein, dass die Kommunikation mit den Lesern kurz und bündig ist. Eine Karikatur ist ein Produkt mit einer Lebenserwartung von lediglich einem Tag. Danach verändern sich die Umstände, und die Zeichnung hat möglicherweise ihren Nachrichtenwert verloren. Dann ist eine neue umrandete Idee gefragt. Doch manchmal beschäftigt sich eine Karikatur auch mit einem Thema, das anscheinend immer aktuell ist. Wie zum Beispiel Freiheit. Und wenn sich die Menschen im globalen Dorf über eins uneinig sind, dann ist es Freiheit. Ich habe in meinem Leben Nazismus, Kommunismus, Faschismus und jetzt Islamismus miterlebt. Und jeder –ismus ist für mich gleichbedeutend mit Fanatismus. Es gibt viele verschiedene soziologische und geopolitische Analysen über Fanatismus.
Vereinfacht gesagt schätze ich Fanatiker als Personen ein, die eines der konstruktivsten, allerdings auch schwierigsten Gefühle kategorisch ablehnen – nämlich den Zweifel. Im Schleier politischer Ideologien oder religiöser Finsternis kleben Menschen eng zusammen, und die Richtung, in die man zu gehen hat, wird einzig und unzweifelhaft von Ideologen oder religiösen Oberhäuptern vorgegeben.
Lassen Sie mich einen kurzen Witz erzählen, der in meinem Heimatland Dänemark momentan – zumindest in bestimmten Kreisen – als nicht politisch korrekt erachtet werden würde: Ein mittelöstliches Land, das dem Westen sehr feindlich gegenübersteht, hat es geschafft, eine Rakete zu bauen, die den Westen erreichen kann. Allerdings konnte sie am Tag der Zündung nicht abheben, da zu viele Leute daran hingen, die auch mit in den Westen wollten.
Wie dem auch sei, es sind viele Menschen nach Dänemark eingewandert. Viele, oder die meisten von ihnen, kamen mit dem festen Wunsch, sich zu integrieren und ein besseres Leben in Dänemark zu führen. Andere wiederum sind mit religiösem und kulturellem Zündstoff im Gepäck angereist, der unsere Gesellschaftsordnung bedrohen könnte.
Ich selbst bin Atheist. Aber ich habe kein Problem mit Religionen. Ich werde die Religionsfreiheit eines Jeden respektieren und verteidigen. Aber als Atheist bin ich mir auch meiner eigenen kulturellen und religiösen Tradition bewusst. Von daher möchte ich noch eine kleine Anekdote erzählen, die vor vielen Jahren in Irland geschah: Ein Mann kommt an eine Straßensperre. Der Mann dahinter fragt: “Sind Sie Katholik oder Protestant?” Der andere Mann antwortet: “Ich bin Atheist.” Daraufhin wundert sich der Mann hinter der Straßensperre: “Also, sind sie nun ein katholischer Atheist oder ein evangelischer Atheist?”
In Europa gab es einige kulturelle Einrichtungen die geschlossen wurden oder von denen aus Rücksicht auf Muslime Artefakte entfernt wurden. In diesem Zusammenhang wollte ich zeigen, dass es erbarmungslose Abwandlungen von Religionen gibt, die mit Mord und Terror drohen. Deshalb habe ich diese Karikatur gezeichnet, und es hat sich bewahrheitet. Denn von überall kamen Drohungen, mich zu ermorden und Anschläge auf meinen Arbeitgeber, die Zeitung Morgenavisen Jyllands-Posten, zu verüben. Die schwere Kollision zwischen Demokratie und religiösem Fundamentalismus, die durch Karikaturen katalysiert wurde, war meiner Meinung nach eine notwendige Entwicklung, die zugezogene Dänen dazu bringen sollte, die Werte, auf denen diese Gesellschaft aufgebaut ist, zu akzeptieren. Es gab daraufhin viele Proteste in der dänischen Gesellschaft, speziell seitens der intellektuellen Elite. Ich würde das kulturrelativistische Beschwichtigungspolitik nennen. Gegen totalitäre Weltanschauungen war Beschwichtigungspolitik allerdings noch nie erfolgreich. Deswegen war es für mich wichtig, trotz aller Drohungen, totalitären Einstellungen entgegenzutreten.
Für meine Arbeit als Satiriker habe ich bisher noch keine bessere Vorlage gefunden als die alte Picasso-Anekdote, die ich schon mehrfach erzählt habe und es jetzt noch einmal tun werde: 1937, während des Spanischen Bürgerkrieges, schickte General Franco alliierte nazi-deutsche Fliegertruppen in das Baskenland. Sie griffen die kleine Stadt Guernica an und zerstörten sie. Im selben Jahr malte Picasso sein Bild vom Angriff und stellte es in Frankreich aus. Als die Deutschen Frankreich besetzten, traf Picasso auf einen deutschen Offizier, der ihn fragte: “Sind Sie das, der Guernica gemacht hat?” “Nein,” antwortete Picasso, “das waren Sie.”
Ich würde keines der letzten fünf Jahre als Schreckensjahr für mich und meine Frau bezeichnen. Es waren eher Jahre, in denen starke Emotionen unser Leben heimsuchten. Verachtung, Verfluchungen und Bedrohungen schlugen uns auf der einen Seite entgegen; warme Sympathiebekundungen auf der anderen. Es war sehr nett, von Dänen auf der Straße auf die Schulter geklopft zu werden. Doch mir wurde auch grob von Muslimen hinterhergerufen, dass ich „in der Hölle schmoren” soll. Wenn ich sie höflich fragte, ob wir darüber reden können, gab es kein Interesse an einem Gespräch. Also fing ich an zu entgegnen, “Ok, dann reden wir eben in der Hölle darüber.” Das ist kein Fortschritt.
Anfangs reagierte ich grundsätzlich wütend auf die Bedrohungen. Wut ist eine sehr gute Abwehrreaktion wenn man bedroht wird, denn sie schafft eine Art geistige Barriere. Ich bin kein gewalttätiger Mann, aber ich brauche diese Barriere, und es war mir möglich, sie aufzubauen.
Meine Frau und ich leben ein gutes Leben. Ich bin meiner Frau für ihre Solidarität, die sie mir die gesamte Zeit entgegen gebracht hat, sehr dankbar. Wir haben auch eine sehr enge Beziehung mit dem dänischen Geheim- und Sicherheitsdienst PET. Ich habe Agenten – Bodyguards –, die mich rund um die Uhr beschützen. Was ich mache, machen sie auch. Gleichwohl sind sie, glaube ich, sehr froh, dass ich kein Eisschwimmer bin oder Nudist. Man kann wirklich sagen, dass wir ein gutes Leben führen.
Zum Schluss möchte ich mich ein paar Zeilen zitieren, die der Kulturredakteur Flemming Rose in Jyllands-Posten schrieb und von denen ich wünschte, ich hätte sie gesagt: „Diese Karikaturen überschreiten in keinster Weise das Maß an Satire, dem wir nicht jeden anderen Dänen auch aussetzten würden, sei es die Königin, das Kirchenoberhaupt oder der Premierminister. Indem wir ein muslimisches Symbol ebenso behandeln wie ein jüdisches oder christliches, senden wir eine wichtige Botschaft – Ihr seid keine Fremden. Ihr seid hierher gekommen um zu bleiben und wir akzeptieren Euch als integrierten Teil unserer Gemeinschaft. Wir werden Euch auch der Satire aussetzen, und Ihr solltet es als einen Akt der Einbeziehung verstehen und nicht als Ausgrenzung. Als eine Handlung des Respekts und der Anerkennung.
Dankeschön