Politisches Statement Mersedeh Shahinkar

Ich grüße das Publikum.
Ich möchte Shima Babaei und allen, die mich zu dieser Verleihung eingeladen haben, danken.
Mein Name ist Mersedeh.
Ich bin 39 Jahre alt.
Ich habe eine Ausbildung als Bankkauffrau gemacht, aber wegen meiner Leidenschaft für Sport habe ich mich auch als Fitnesstrainerin qualifiziert und angefangen, in diesem Bereich zu arbeiten. Außerdem bin ich Mutter einer 11-jährigen Tochter, Raza.

Ich gehöre zu den Frauen, die während der Bewegung für die Rechte der Frau ihr Auge verloren haben.
Ich habe immer gegen die frauenfeindlichen Gesetze protestiert, die unser Land regieren.
Deshalb empfand ich es mit Beginn der Frauenbewegung als meine Bürgerpflicht, an der Seite der Menschen auf die Straße zu gehen und für das Leben und die Freiheit zu protestieren.
Um dagegen zu protestieren, dass man mir die kleinsten und natürlichsten Menschenrechte vorenthält, wie zum Beispiel das Recht, meine Kleidung selbst zu wählen, das man mir genommen hat.
In einem Land, dessen Verfassung auf Frauenfeindlichkeit beruht und der Frau, die ich bin, keinen Wert beimisst, bin ich aufgestanden, um zu protestieren.

Ich kämpfte für dieses Recht zuerst für mich und dann für meine Tochter, weil ich der Meinung war, dass ich wie andere Bürger der Welt das Recht haben sollte, zu protestieren, wenn meine Rechte verletzt werden.
Aber der Iran ist nicht wie andere Länder, und die Islamische Republik betrachtet uns nicht als Bürger dieses Landes, und wir haben nicht das Recht zu protestieren.
Unter diesen Umständen ist das Ablegen des Kopftuchs für uns zu einem Symbol des nationalen Widerstands geworden, mit dem wir der Welt zeigen können, dass das iranische Volk das autoritäre Regime der Islamischen Republik nicht mehr will und es nicht als legitim anerkennt.

Die Islamische Republik beantwortete meinen Protest mit Kugeln. Ich war fast jede Nacht auf der Straße, um an den Demonstrationen teilzunehmen. Eines Abends skandierte ich wie immer ohne Waffe in der Hand mit meiner Mutter und meinen Freunden Slogans, als mir einer der Unterdrücker beiläufig und ohne zu zögern ins rechte Auge schoss. Als ich mit blutverschmiertem Gesicht ins Krankenhaus gebracht wurde, machte ich ein Foto von mir und teilte es, wobei ich mit meiner Hand das Siegeszeichen zeigte und lächelte. Danach nahm ich weiterhin an den Demonstrationen teil, mit nur einem Auge.
Dieser Vorfall verärgerte die Islamische Republik noch mehr, und dieses Mal stürmten sie mein Haus, um mich zu verhaften und alles auf den Kopf zu stellen.
Aber es gelang ihnen nicht, mich zu verhaften. Zu dieser Zeit befand ich mich in augenärztlicher Behandlung in medizinischen Zentren, und schließlich war ich aufgrund der mangelnden Sicherheit und der Notwendigkeit einer augenärztlichen Behandlung gezwungen, mein Land zu verlassen.
Dank der unermüdlichen Bemühungen von Gruppen wie „United for Iran“ und der „Münchner Sicherheitskonferenz“ konnte ich kürzlich nach Deutschland reisen.
Ich bin heute hier bei Ihnen, um Ihnen mitzuteilen, dass ich als Frau, die an der Frauenbewegung für Leben und Freiheit teilgenommen hat, durch Kugeln, die von den Streitkräften der Islamischen Republik abgefeuert wurden, das Augenlicht auf meinem rechten Auge verloren habe. Dennoch bereue ich meinen Protest und meine Taten nicht, und wenn ich zurückkehren könnte, würde ich erneut protestieren und auf der Straße für das Leben und die Freiheit der Frauen schreien, und ich würde gegen die herrschende Diktatur kämpfen. Ich werde mich dafür einsetzen, dass unsere Stimmen in der ganzen Welt gehört werden.
Ich glaube, dass ich auch mit nur einem Auge noch die Freiheit feiern kann.

Ich fordere alle, die meine Stimme hören, auf, dem iranischen Volk auf diesem schwierigen Weg zur Seite zu stehen und sich nicht mit symbolischen Solidaritätsbekundungen und Verurteilungen zu begnügen.

Die Islamische Republik ist nicht nur der Feind des iranischen Volkes, sie stellt eine gefährliche Bedrohung für die gesamte Menschheit dar.
Stellen Sie sich diesen Verbrechern entgegen und seien Sie sich bewusst, dass, wenn Sie heute schweigen, die Gräueltaten der Islamischen Republik auch Ihnen morgen schaden werden.