M100 2024

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„Democracy under Attack. Disinformation Campaigns, AI and the Role of the Media in the 2024 Super Election Year

Donnerstag, 12. September 2024, Orangerie Sanssouci, Potsdam

Welcome

Christoph M. Vogtherr, Sabine Sasse, © M100/Ulf Büschleb

Zu Beginn des 20. M100 Sanssouci Colloquiums begrüßte Sabine Sasse, Head of Programme, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Orangerie Sanssouci und bedankte sich bei den Förderern, Sponsoren und Partnern für die Unterstützung sowie bei ihrem Team.

Im Anschluss erklärte Prof. Dr. Christoph Martin Vogtherr, Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und damit Hausherr der Orangerie Sanssouci, dass der Zustand der Demokratie, vor allem angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen in Brandenburg, auch ihn und die Stiftung betreffen. „Eine unserer Aufgaben ist es, die Geschichte Deutschlands und insbesondere die Geschichte der Monarchie ambivalent, offen und kritisch darzustellen“, sagte er. Das sei etwas, was in Zukunft gefährdet sein könnte, da es gewisse Erwartungen gäbe, bestimmte Dinge, die hier präsentieren werden, in eine positive Richtung zu lenken. Zudem wies er auf die erschreckenden Gefahren des Klimawandels hin: “Keiner der Bäume, die wir hier sehen, ist gesund. Ich persönlich vermute, dass keiner dieser Bäume das nächste Jahrzehnt überleben wird. Eine offene und produktive Diskussion über den Klimawandel und seine Folgen ist nur in einer demokratischen Gesellschaft möglich.

Eröffnungsrede

Anna Wieslander, © M100/Ulf Büschleb

Anschließend wurde das 20. M100 Sanssouci Colloquium offiziell von Dr. Anna Wieslander, Direktorin für Nordeuropa beim Atlantic Council, Vorsitzende des Instituts für Sicherheits- und Entwicklungspolitik in Stockholm und Generalsekretärin der Schwedischen Verteidigungsvereinigung, eröffnet. Der Titel ihrer Rede lautete „Mit Russland als systemische Bedrohung braucht Europa ein neues Rezept für Frieden und Wohlstand“.

Darin warnte sie, dass der Westen die russische Bedrohung, einschließlich hybrider, unterschätze, und forderte ein neues Rezept für Frieden und Wohlstand in Europa, mit einer soliden Verteidigung als Grundlage: „Eine abwartende Haltung wird für die europäische Sicherheit verheerend sein“, sagte sie.

Ihre Hauptpunkte:

  • Russland ist kein lokales Problem. Russland ist eine systemische Bedrohung mit dem Bestreben, das internationale System zu seinen Gunsten zu verändern.
  • Russland vergleicht sich nicht mit regionalen Mächten wie Deutschland und Frankreich, sondern mit den USA und China, den anderen potenziellen Polen eines entstehenden multipolaren Systems, das Russland anstrebt.
  • Selbst wenn Russlands Krieg gegen die Ukraine enden würde, wäre das nicht das Ende der internationalen Ambitionen Russlands.
  • Um seine wirtschaftliche Schwäche auszugleichen (das BIP ist niedriger als das von Kanada oder Italien), setzt Russland seine modernisierte Militärmacht, hybride Kriegsführung, nukleare Drohungen und die Annäherung an China aggressiv ein.
  • Eine systemische Bedrohung wie Russland, das nach größerer politischer Macht und Territorium strebt, kann nicht durch Untätigkeit oder Beschwichtigung gestoppt werden. Sie muss aktiv durch andere Großmächte ausgeglichen werden.
  • Daher muss Europa erkennen, dass zukünftiger Wohlstand nur dann möglich ist, wenn es solide und langfristige Investitionen in Resilienz und Verteidigung tätigt.
  • Nach einem Jahrzehnt intensiver hybrider Kriegsführung gegen den Westen und seinem Krieg gegen die Ukraine lässt sich Russland nicht abschrecken.
  • Abgesehen von soliden Verteidigungsausgaben in Höhe von 3 % des BIP, mit zusätzlichen 0,25 % jährlich für die militärische Unterstützung der Ukraine, muss sich Europa viel stärker auf die Abschreckung hybrider Kriegsführung konzentrieren.
  • Russland verknüpft seine hybride Kriegsführung mit verschiedenen Bereichen wie Desinformation, Cyberangriffen, politischer Subversion, Spionage, Sabotage und wirtschaftlichem Druck.
  • Deshalb muss Europa Taktiken entwickeln, um bereichsübergreifend reagieren zu können.
  • Eine neue europäische Sicherheitsordnung muss ein Gleichgewicht gegenüber Russland schaffen und darf nicht versuchen, das Land als vertrauenswürdigen Partner einzubeziehen.

Lesen und sehen Sie hier ihre vollständige Rede mit weiteren politischen Empfehlungen.

© M100/Ulf Büschleb

In der anschließenden Fragerunde verwies Anna Wieslander auf die Bedeutung traditionaler Medien im Kampf gegen russische Propaganda und Desinformation. Die Frage, ob Europa auf einen erneuten Präsidenten Trump vorbereitet sei, verneinte sie klar. Trumps ganzes politisches Wesen bestehe darin, unberechenbar zu sei. Würde er erneut gewählt und seine Ankündigungen wahr machen sei das „wie der Fall der Berliner Mauer. Das ist eine völlig neue Situation für Europa und es gibt absolut keinen Plan B oder eine Vorbereitung darauf und ich bin mir nicht sicher, ob wir uns überhaupt darauf vorbereiten könnten. Vielleicht müssen wir uns am Tag nach einer solchen Entscheidung der Realität stellen und einfach erkennen, dass es für Europa ein völlig neues Spiel ist.“

Um das strukturelle Problem der europäischen Unsicherheit und Uneinigkeit zu lösen, beantwortete sie eine weitere Frage, brauche es politisches Leadership, das es im Moment nicht gäbe. Europa müsse anfangen, in seine eigene Verteidigung zu investieren und die Ukraine und die NATO nachhaltig unterstützen. Das könnte durch einen gemeinsamen Fonds geschehen. „Wir sollten ein Zeichen setzen, dass es sich bei der Unterstützung der Ukraine, bei den Verteidigungsausgaben, bei der Bereitstellung militärischer Fähigkeiten für die NATO, bei der wirksamen Bekämpfung hybrider Kriegsführung, bei der Arbeit an unserer eigenen Öffentlichkeit und beim Eintreten für das, was wir sind, und bei der Abschreckung Russlands um ein langfristiges Engagement des Westens handelt“, so Wieslander.

PLENARY SESSION I

Steven Erlanger (l.), © M100/Ulf Büschleb

Plenary Session I knüpfte an Anna Wieslanders Ausführungen an. Mit dem Titel „Quo vadis“ Europe?“ schlugen die Veranstalter auch einen Bogen zum allerersten M100 Sanssouci Colloquium im September 2005, das unter demselben Motto gestanden hatte. Denn bis heute hat die Frage nichts von seiner Berechtigung und Gültigkeit verloren: noch immer scheint Europa, scheint die EU, nicht zu wissen, was die Zukunft bringt, wohin es sie führen wird – und lässt vor allem gestalterischen Willen und Fähigkeiten vermissen.

„Wir sind hier in Sanssouci und ich wünschte, ich könnte sagen, ich bin sans-souci, ohne Sorgen“, begann Steven Erlanger, Chefkorrespondent für Diplomatie in Europa für die New York Times, seinen Impuls. „Aber das bin ich nicht.“ Er benannte folgende Punkte:

  • Zunehmende politische Herausforderungen: Rechtspopulistische Bewegungen erhalten immer mehr Zuspruch, insbesondere in Regionen wie Thüringen und Sachsen, angetrieben von komplexen Emotionen rund um Migration, Außenpolitik und Misstrauen gegenüber der Führung in Berlin.
  • Emotionale Politik: Populistische Parteien verstehen es hervorragend, Emotionen anzusprechen, während Parteien der Mitte, insbesondere in Berlin, Schwierigkeiten haben, auf dieser Ebene eine Verbindung herzustellen. Diese „Politik der Emotionen“ muss von Liberaldemokraten stärker in den Fokus gerückt werden.
  • Verteidigung demokratischer Werte: Demokratien müssen das Wahlrecht schützen und auf die Anliegen der Bürger eingehen, auch wenn der Populismus zunimmt. Wähler zu bevormunden ist kontraproduktiv.
  • Innere Bedrohungen der Demokratie: Staats- und Regierungschefs in verschiedenen Ländern (z. B. Orban, Modi, Trump) haben demokratische Institutionen von innen heraus geschwächt, indem sie die Gewaltenteilung untergraben haben.
  • Aufstieg des Nationalismus: Populistische Rhetorik über die „Wiedererlangung der Souveränität“ gewinnt an Zugkraft, insbesondere gegen die EU und ihre Werte.
  • Bedrohte Demokratie: Es besteht eine reale Gefahr für Demokratien durch interne Unzufriedenheit, und wenn diese Probleme nicht angegangen werden, könnte dies zu tieferen Spaltungen führen.
Stefan Schaible, © M100/Ulf Büschleb

In einem zweiten Impuls brachte Stefan Schaible, Global Managing Partner und Sprecher des Vorstands von Roland Berger, brachte dann die wirtschaftliche Perspektive in die Diskussionen ein – „denn eine robuste Wirtschaft ist für Europa von entscheidender Bedeutung, um Frieden, Freiheit und Demokratie weltweit zu fördern“, so Schaible. Um unsere zukünftige Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, brauche Europa eine neue Agenda, die die neuen geoökonomischen Realitäten widerspiegelt. Diese beinhalte folgende Überlegungen:

Wirtschaftliche Grundlage für Demokratie: Wirtschaftliche Stabilität ist für die Aufrechterhaltung von Demokratie und Menschenrechten von entscheidender Bedeutung. Reformen auf den Arbeitsmärkten und bei den Renten in Europa sind unerlässlich, werden aber von den Wählern oft nicht gewürdigt.
Politische und wirtschaftliche Herausforderungen in den USA: Die USA sind mit politischer Instabilität und einer hohen Verschuldung konfrontiert, was die Handlungsfähigkeit künftiger Regierungen einschränken wird. Dies wird globale Folgen haben und Europa dazu zwingen, eine stärkere Führungsrolle zu übernehmen.
Herausforderung China: Chinas wachsende Innovationskraft und sein totalitäres politisches System stellen eine große Herausforderung dar. Das Wirtschaftswachstum des Landes ist für die Aufrechterhaltung der inneren Stabilität von entscheidender Bedeutung, doch die langfristige Nachhaltigkeit ist fraglich.
Europas Rolle: Trotz der Herausforderungen kann Europa eine starke Rolle übernehmen, indem es seine Wirtschaft stärkt, den Freihandel fördert und innovativ ist. Ein stärkerer Euro könnte als Reservewährung dienen, und Investitionen in die Infrastruktur sind von entscheidender Bedeutung.
Migration und Demografie: Europa muss eine gesteuerte Migrationspolitik einführen, um den demografischen Herausforderungen zu begegnen. Wenn dies nicht geschieht, wird dies seiner wirtschaftlichen Zukunft schaden.
Sicherheit und Außenpolitik: Europa braucht eine einheitliche Militär- und Nuklearstrategie, um die Demokratie zu verteidigen und zunehmenden totalitären Tendenzen entgegenzuwirken. Es sind dringende Reformen erforderlich, um zu verhindern, dass antidemokratische Kräfte an Boden gewinnen.
Aufruf zum Handeln: Die Medien sollten die langfristigen wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Herausforderungen, mit denen Europa konfrontiert ist, hervorheben und zu schnellerem Handeln und öffentlicher Unterstützung für Reformen ermutigen. Die nächsten Jahre sind entscheidend für die Gestaltung der Zukunft Europas.

In der anschließenden Diskussion ergaben sich folgende Kernpunkte:

Plenary Discussion, © M100/Ulf Büschleb

• Orbáns Einfluss in der Slowakei: Es wurde darauf hingewiesen, dass Robert Fico in der Slowakei dem Beispiel Viktor Orbáns folge und pro-russische Desinformation verbreite, wie er es auch in Ungarn tue. Die Slowakei wird als entscheidender Test für die Fähigkeit der EU angesehen, ihre Werte zu verteidigen.
• Die Rolle der Regierungen bei der Desinformation: Sowohl die ungarische als auch die slowakische Regierung sind inzwischen wichtige Quellen für Desinformation, was die Bemühungen zu ihrer Bekämpfung erschwert. Die EU muss bei der Bekämpfung solcher Desinformation eine proaktivere Rolle spielen, anstatt sie als interne nationale Politik zu behandeln.
• Widerstandsfähigkeit demokratischer Institutionen: Es wurde diskutiert, ob demokratische Institutionen, wie in der Slowakei, illiberalen Regierungen standhalten können. Ein Teilnehmer verglich die Widerstandsfähigkeit der Slowakei mit den schwächeren demokratischen Strukturen in Georgien und betonte die Schwierigkeit, etablierte Institutionen abzubauen.
• Europäische Naivität gegenüber Russland: Einige in Westeuropa, insbesondere in Deutschland, klammern sich immer noch an die Hoffnung, dass Russland ein „besserer“ Partner werden kann, was eine anhaltende Naivität widerspiegelt, trotz aggressiver russischer Propaganda und Einflussnahme in Ländern wie Ungarn und der Slowakei.
• Herausforderungen einer gemeinsamen europäischen Verteidigung: In der Diskussion wurde auf die mangelnden Fortschritte bei der Schaffung einer gemeinsamen europäischen Verteidigungspolitik hingewiesen, die auf nationalistische Tendenzen in Ländern wie Frankreich und Deutschland und den Einfluss der Spaltungstaktik Russlands in der europäischen Politik zurückzuführen sind.
• Populismus und Medien: Medienfachleute stehen vor der Herausforderung, Populismus und russische Propaganda zu bekämpfen. Es ist schwierig, eine umfassende Berichterstattung über unterrepräsentierte Sektoren (z. B. ländliche oder Arbeitergemeinschaften) zu gewährleisten, ohne versehentlich populistische Narrative zu fördern.
• EU und Osteuropa: Die osteuropäischen Länder, einschließlich des westlichen Balkans, erwarten von der EU moralische Führung. Es gibt Bedenken hinsichtlich der Doppelmoral, da ökologische und politische Standards in Westeuropa im Osten ignoriert werden.
• Umweltbelange: Ein Teilnehmer wies darauf hin, dass der Klimakrise in politischen Diskussionen in Europa zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Dies würde in Zukunft zu Migration führen und erhebliche Herausforderungen mit sich bringen.
• Einfluss der Medien auf die öffentliche Wahrnehmung: Es wird immer schwieriger, über sich langsam entwickelnde Krisen wie den russischen Einfluss in Osteuropa zu berichten, da die Mediennutzungsgewohnheiten kürzere, krisenbezogene Geschichten bevorzugen.
• Misstrauen gegenüber den Medien: Trotz der Bemühungen, unterrepräsentierte Gemeinschaften besser zu repräsentieren, haben die Mainstream-Medien mit einem Mangel an öffentlichem Vertrauen zu kämpfen, was ein Schlüsselfaktor für die Stärkung populistischer Bewegungen ist. Es wird derzeit darüber nachgedacht, ob sich die Medien anpassen können, um diesen Herausforderungen besser zu begegnen.


LIVE JOURNALISM: DISINFORMATION IN ELECTION CAMPAIGNS
Vorstellung des M100 Young European Journalists Workshop

Christoph Schwaiger, © M100/Ulf Büschleb

Der diesjährige M100 Young European Journalists Workshop (M100YEJ) beschäftigte sich mit Fake News und Desinformation in Wahlkämpfen. 19 TeilnehmerInnen aus 17 europäischen Ländern waren vom 7. bis 12. September nach Potsdam eingeladen worden, um ihr Wissen zu vertiefen, sich auszutauschen und zu vernetzen. Darüber hinaus lernten sie die unterschiedlichen Bedingungen und Herausforderungen für den Journalismus kennen, die sich aus den verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Systemen in ihren jeweiligen Heimatländern ergeben.

Im ersten, theoretischen Teil vermittelten die Expertinnen Caroline Lindekamp (CORRECTIV) und Dr. Katja Muñoz (DGAP) unter anderem verschiedene Tools und Herangehensweisen, um unterschiedliche Arten von Fake News und Desinformation aufzudecken und gingen der Frage nach, welchen Einfluss KI auf Wahlen hat. Außerdem stellten die TeilnehmerInnen in Elevator Pitches Initiativen gegen Desinformation in ihren Heimatländern vor.

Am 11. September gipfelte der Workshop in einem öffentlichen „Reporter Slam“, der von sechs TeilnehmerInnen des YEJ im Kulturzentrum FreiLand in Potsdam performed und von Live-Musik begleitet wurde. Organisiert wurde der Reporter Slam von der Potsdamer Agentur Headliner (Jochen Markett und Christine Liehr), die sich auf Live-Journalismus spezialisiert hat. Gerade in Zeiten, in denen das Vertrauen in den Journalismus schwindet, sind Formate, die durch die persönliche Begegnung von JournalistInnen und NutzerInnen wieder Vertrauen aufbauen, besonders wichtig.

Am 12. September nahmen die jungen Journalisten am M100 Sanssouci Colloquium teil, wo der Gewinner des öffentlichen Reporter Slam, Christoph Schwaiger aus Malta, noch einmal seinen bewegenden Slam über die maltesische Investigativ-Journalistin Daphne Caruana Galizia vortrug, die im Oktober 2017 durch ein Attentat mit einer Autobombe ermordet worden war.
Eine ausführliche Zusammenfassung lesen Sie hier.


INSPIRATION: „Wie können wir die Demokratie in den sozialen Medien verteidigen?

Luai Ahmed, Host von „Builders of the Middle East“, Kolumnist bei Bulletin, Schweden

Luai Ahmed, © M100/Ulf Büschleb

Luai Ahmed, Journalist und Content Creator aus dem Jemen, sprach über seinen persönlichen Weg von tief verwurzeltem Extremismus und Antisemitismus hin zu einem starken Befürworter von Frieden, Koexistenz und Deradikalisierung im Nahen Osten. Er beschrieb detailliert, wie seine Erziehung im Jemen seine anfänglichen extremistischen Überzeugungen geprägt hat und wie sein Umzug nach Schweden und der Aufbau wichtiger Beziehungen, insbesondere zu einem israelischen Freund, seine Weltsicht verändert haben. Heute arbeitet Ahmed als Mitglied der Bewegung „Builders of the Middle East“ mit Arabern und Juden zusammen, um Hass und Extremismus zu bekämpfen, indem er auf TikTok, Instagram und Twitter menschliche Geschichten über Einheit, Verständnis und gemeinsame Erfahrungen erzählt. Er betonte die Notwendigkeit von Deradikalisierungsbemühungen, um einen friedlichen Nahen Osten zu schaffen und forderte eine Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israel und Palästina als entscheidenden Schritt auf dem Weg zu einem dauerhaften Frieden.

Lesen Sie hier seine vollständige Rede.

STRATEGIC WORKING GROUPS
In den anschließend stattfindenden vier parallel stattfindenden Strategic Working Groups diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu folgenden Themen:
I. Europas Zukunft (Inspiration: Nicolas Tenzer, Non-Resident Senior Fellow Center for European Policy Analysis (CEPA), France, Moderation: Anja Wehler-Schöck, International Editor Der Tagesspiegel, Deutschland)
II. Der Einfluss von Desinformation auf Wahlen und Medien (Inspiration: Mykhaylo Dubyak, Media Analyst, SEO Expert, Ukraine; Moderation: Caro Kriel, CEO Thomson Foundation, UK)
III. Künstliche Intelligenz und Journalismus  (Inspiration: Amy Mitchell, Executive Director, Center for News, Technology & Innovation (CNTI), USA; Moderation: Prof. Dr. Alexandra Borchardt, Senior Journalist, University Teacher, Media Adviser)
IV. Journalismus zwischen Objektivität und Aktivismus  (Inspiration: Dr. Gregor Peter Schmitz, Chefredakteur STERN, Moderation: Antonia Marx, Hanns Martin Schleyer Stiftung)

ERGEBNISSE:

I. Europe’s Future: How can Democracy become more assertive?

Strategic Working Group I, © M100/Ulf Büschleb

• In der Diskussion bestand weitgehend Einigkeit darüber, dass demokratische Führungspersönlichkeiten oft schwächer darin sind, klare und überzeugende Botschaften zu vermitteln. Extremistische Politiker hingegen nutzen einfache Schwarz-Weiß-Narrative und treten mit großem Selbstbewusstsein auf, was ihnen hilft, die Sorgen der Bevölkerung gezielt anzusprechen. Es wurde kritisiert, dass führende Politiker wie Bundeskanzler Scholz und Präsident Biden oft nicht selbstsicher genug wirken, um ihre Politik erfolgreich zu kommunizieren.
• Es wurde hervorgehoben, wie effektiv extremistische Politiker soziale Medien einsetzen, während traditionelle Parteien hier zurückbleiben. Diese Defizite in der Ansprache betreffen insbesondere junge Menschen, die kaum von etablierten Parteien erreicht werden.
• Einige M100-Alumni betonten, dass die Politik viel stärker in kreative Marketingstrategien investieren müsse, um ihre Botschaften auf sozialen Plattformen attraktiv zu präsentieren. Humorvolle und prägnante Memes könnten beispielsweise dazu beitragen, eine positive Erzählung der Freiheit zu verbreiten.
• Ein Teilnehmer äußerte pessimistische Bedenken und warnte, dass wir uns auf dem Weg in eine düstere Zukunft befänden, wenn Politiker nicht offener und transparenter mit den Realitäten umgehen. Extremistische Parteien nähren sich von den Ängsten und dem Misstrauen der Menschen gegenüber der Regierung, was ihnen enormen Auftrieb gibt. Die Forderung nach mehr Diskussionen über Rechtsstaatlichkeit, Völkerrecht und Menschenrechte wurde laut. Das Schweigen demokratischer Regierungen gegenüber Menschenrechtsverletzungen, etwa durch Russland oder China, führe zu Verwirrung und schwäche die Glaubwürdigkeit der westlichen Werte.
• Abschließend wurde die zentrale Frage des schwindenden Selbstbewusstseins westlicher Demokratien in den Fokus gerückt. Große politische Initiativen wie Bidens Inflation Reduction Act oder Scholz‘ „Zeitenwende“ hätten dieses Selbstbewusstsein nicht stärken können. Es bestehe ein tiefgreifender Bedarf an einer offeneren Selbstreflexion und einer stärkeren Verbindung zu den Bürgern, um das Vertrauen in die Demokratie wiederherzustellen.
• Zusätzlich wurde diskutiert, dass die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Situation oft wichtiger sei als die objektive Realität. In den USA etwa empfinden republikanische Wähler ihre Lage als schlechter, obwohl ihre Situation der von demokratischen Wählern in den gleichen Regionen gleicht. Diese subjektiven Wahrnehmungen wurden auch im Osten Deutschlands beobachtet. Wichtig sei es daher, den Menschen zuzuhören und die eigene Position selbstbewusster zu vertreten.

 

II. In Propaganda’s Net: How Disinformation Campaigns influence Elections worldwide

Wichtigste Erkenntnisse:

Strategic Working Group II, © M100/Ulf Büschleb

• Ein Diskussionspunkt war die Komplexität der Messung der Auswirkungen russischer Desinformation. Ihr Hauptziel besteht darin, Zweifel zu säen, anstatt Einzelpersonen zu bestimmten Handlungen zu bewegen. Diese Zweifel können die demokratische Beteiligung, wie z. B. die Teilnahme an Wahlen, durch Verwirrung und Misstrauen behindern.
Zitat: „Russische Desinformation hat ein großes Ziel: Zweifel zu säen.“
• Russland führt nicht nur einen physischen Krieg gegen die Ukraine, sondern auch einen Informationskrieg. Und diesen Informationskrieg führt es in ganz Europa, und es riskiert, in beiden erfolgreich zu sein.
• In Westeuropa kann russische Desinformation den Ausgang von Wahlen beeinflussen. In Osteuropa kämpfen die Menschen nicht gegen russische Bots, sondern gegen das russische Regime und ihre oft prorussischen Regierungen, wie zum Beispiel in Georgien. Sie erhalten Geld aus Russland, um eine europäische Zukunft dieser Länder zu untergraben.
• Russische Akteure unterstützen verschiedene Gruppen, um die Gesellschaft zu spalten und Verwirrung zu stiften. Die Polarisierung von Gesellschaften ist weitaus gefährlicher als „nur“ die Beeinflussung von Wahlen.
• Menschen, die glauben, pro-russische Narrative seien für Journalisten unerreichbar. Gleichzeitig seien Journalisten und Medien die Hauptziele der russischen Propagandamaschinerie.
• Ein Teilnehmer schlug als Begriff „Propaganda“ statt „Desinformation“ vor, da Russland sowohl im physischen als auch im Informationskrieg erfolgreich sei.
• Journalisten stehen in diesem Zusammenhang vor immer größeren Herausforderungen, einschließlich Online-Angriffen.
• Journalisten, die über die Ukraine berichten, sind häufig persönlicher Online-Belästigung ausgesetzt.
• Eine weitere Herausforderung für Journalisten: kritische Berichterstattung über die Ukraine (z. B. Korruption), ohne dabei russische Narrative zu verbreiten. Bei der Berichterstattung über solch sensible Themen muss der Kontext berücksichtigt werden. Korruption ist oft auf bestimmte Personen oder Institutionen beschränkt und betrifft nicht ein ganzes Land.
• Zudem ist es eine große Herausforderung, Desinformationskampagnen zuzuordnen, an denen sowohl ausländische als auch inländische Akteure beteiligt sein können – wie autoritäre Regime oder nichtstaatliche Akteure.
• Demokratische Regierungen müssen die Verbreiter von Desinformationen in ihren Ländern energisch verfolgen, entlarven und neutralisieren.
• Ein aktuelles Beispiel aus den Präsidentschaftswahlen in der Türkei hat gezeigt, wie inländische, von der Regierung kontrollierte Medien die öffentliche Meinung beeinflussen können, was die Zuordnung komplexer macht, als einfach ausländische Akteure wie Russland zu beschuldigen.

III. How to balance potential Benefits with potential Harms? Journalism and Artificial Intelligence

Strategic Working Group III, © M100/Ulf Büschleb

Chancen:
• KI ermöglicht es Journalisten und Publikum, auf völlig neue Weise mit neuen Datensätzen zu interagieren. Sie wird die Art und Weise verändern, wie jeder Einzelne mit Archiven interagiert, auf große Datenmengen zugreift und diese verarbeitet und nach Informationen sucht.
• KI-Assistenten können die menschlichen Assistenten ersetzen, die einige privilegierte Journalisten früher hatten.
• Kleine Redaktionen mit sehr begrenzten Ressourcen werden bei der Erstellung von Inhalten, insbesondere von Bild- und Audiodateien, enorm von KI profitieren.
• Zitat: „KI wird wahrscheinlich mehr vom Journalismus profitieren als der Journalismus von KI.“

Herausforderungen:
• Die Geschwindigkeit der Entwicklung zu bewältigen, ist eine Herausforderung, wenn man sie zeitknappen Kollegen näherbringt, die nur ungern über ihren Schatten springen.
• Für Regulierungsbehörden und andere Institutionen wird es schwierig sein, mit der Geschwindigkeit der Entwicklung Schritt zu halten.
• Es wird Start-ups im Nachrichtenbereich geben, die in die Erstellung von Inhalten investieren, ohne an die ethischen Grundsätze des Journalismus gebunden zu sein.
• Ein Teil der Öffentlichkeit wird dies nutzen, um Des- und Falschinformationen zu verbreiten.
• Der Journalismus könnte in neuen Suchumgebungen unsichtbar werden.
• Zitat: „Die Nachrichtenbranche war früher sehr langsam darin, die Vorteile der Technologie zu nutzen. Wir müssen sicherstellen, dass wir den Anschluss nicht wieder verpassen.“

Publikumsforschung:
• Das Publikum möchte sicher sein, dass Journalisten KI nicht einsetzen, um Journalismus zu ersetzen, sondern um ihn aussagekräftiger zu machen. Es geht um Vertrauen.
• Viele Menschen nutzen KI-Tools, aber nicht, um Nachrichten zu erhalten.
• Die Menschen sind mehr besorgt über gefälschte Bilder und Videos als über Fehlinformationen in Texten. Sie sind toleranter gegenüber Fehlern in der automatischen Übersetzung und Transkription als im traditionellen Journalismus.
• Das Publikum wünscht sich sinnvolle Transparenz. Manchmal schafft eine Kennzeichnung eher Misstrauen als Vertrauen.
• Zitat: „Die Öffentlichkeit wird unsere Produkte nicht nach dem Ideal des Journalismus beurteilen, sondern danach, wie sie den Journalismus in ihrem Leben erleben.“
Fazit: Journalisten, Verleger und Regulierungsbehörden müssen sich mit dem Thema auseinandersetzen und verstehen, wie (generative) KI funktioniert, wozu sie gut ist und wozu sie nicht in der Lage ist.

IV. The Future of the Media: Journalism between Objectivity and Activism

Strategic Working Group IV, © M100/Ulf Büschleb

Die Diskussion zeigte deutlich, wie unterschiedlich die Meinungen über die Rolle von Journalisten in der heutigen Zeit sind. Das ist auch eine Generationenfrage: ältere Journalistinnen und Journalisten lehnen aktivistischen Journalismus deutlich öfter ab als jüngere. Alle TeilnehmerInnen waren sich jedoch einig, dass Redaktionen vielfältig sein sollten, um unterschiedliche Meinungen und Hintergründe zu repräsentieren. Ein Konsens darüber, wie sich Journalismus zwischen Objektivität und Aktivismus positionieren sollte, konnte jedoch nicht erzielt werden.

Fragen:
• Wie viel Aktivismus verträgt der Journalismus? Und was bedeutet das für die Unabhängigkeit, Zukunft und Glaubwürdigkeit der (traditionellen) Medien?
• Wer darf über welches Thema schreiben? Darf zum Beispiel ein weißer älterer Mann über Rassismus schreiben?
• Ist Objektivität aus wirtschaftlicher Sicht ein erstrebenswertes Ziel für Medienunternehmen? Wäre es besser, parteiischer zu werden, da die Menschen auf mehr auf eine emotionalere Berichterstattung reagieren?
• Nehmen wir Journalisten uns selbst als „Verteidiger der Demokratie“ zu ernst?
• Welche Rolle spielt der Journalismus, wenn liberale Demokratien auf dem Spiel stehen?

Einige Kernpunkte aus der Diskussion:
• Vielfalt in Redaktionen: Alle Teilnehmer waren sich einig, dass Redaktionen vielfältige Hintergründe und Meinungen repräsentieren sollten. Mehr Perspektiven führen zu mehr Objektivität in der Debatte.
• Unterschiedliche Positionen:
• Ein Teilnehmer, der aus einem autokratisch regierten Land kommt, in dem unabhängiger Journalismus unterdrückt wird, betonte, dass in seinem Land Objektivität im Journalismus nicht möglich sei und Journalisten auch Aktivisten sein müssten. In autoritären Staaten kann die bloße Berichterstattung über bestimmte Themen als Aktivismus ausgelegt werden, wodurch der Begriff oft instrumentalisiert wird.
• Andere Teilnehmer vertraten die gegenteilige Meinung, dass Neutralität eine essenzielle Pflicht von Journalisten sei.
• Schwierigkeit der Neutralität: Es ist herausfordernd, neutral zu bleiben, wenn der Zugang zu Fakten eingeschränkt ist oder der Kontext fehlt. Die Auswahl von Themen könnte bereits als Form von Aktivismus betrachtet werden.
• Spezialisierung vs. Aktivismus: Spezialisten für bestimmte Themen sollten nicht automatisch als Aktivisten abgestempelt werden.
• Herausforderung traditioneller Medien: Große Redaktionen, die an Neutralität festhalten, könnten sich selbst ins Abseits stellen, da die mediale Landschaft immer herausfordernder wird.
• Glaubwürdigkeitsproblem: Glaubwürdigkeit ist von entscheidender Bedeutung, aber sie nimmt ab. Persönliche Meinungen tragen zu diesem Rückgang bei. Die Vermischung von Aktivismus und Journalismus kann zu Glaubwürdigkeitsverlust führen, insbesondere da viele Leser mittlerweile Meinungen den Fakten vorziehen.
• Generationswechsel: Es gibt einen spürbaren Wandel, bei dem jüngere Generationen eher an Meinungen als an Fakten interessiert sind. Dies kann sich je nach Region unterschiedlich auswirken.
• Feine Grenze zwischen Objektivität und Aktivismus: Die Grenze ist sehr unscharf, und Transparenz im Journalismus ist entscheidend. Kulturelle Einflüsse und Phänomene wie Cancel Culture erschweren zusätzlich die Definition von Aktivismus.

SPECIAL TALK „IN THE SHADOW OF THE US ELECTIONS“
In kooperation mit POLITICO

Nach einer längeren Umbaupause fand die live gestreamte Paneldiskussion „In the Shadow of the US Elections“ in Kooperation mit POLITICO statt. Auf dem Podium saßen Tanit Koch (Journalistin, The New European, Deutschland) und Olga Rudenko (Chefredakteurin The Kyiv Independent, Ukraine). Online zugeschaltet waren Adam Jasser (Stellv. Nachrichtendirektor, TVP World, Polen) und Jakob Hanke Vela (Senior Correspondent, POLITICO). Moderiert wurde die Diskussion von Jürgen Klöckner (Head of Pros und Senior Politik Reporter, POLITICO)

Special Talk, © M100/Ulf Büschleb

Kernpunkte der Diskussion:
• Die Ukraine ist angesichts der entscheidenden amerikanischen Unterstützung in ihrem Konflikt mit Russland zutiefst besorgt über einen möglichen Führungswechsel in den USA. Donald Trumps zweideutige Haltung gegenüber der Ukraine hat große Besorgnis ausgelöst. Trump hat den Wunsch geäußert, den Krieg schnell zu beenden, aber die Diskussionsteilnehmer befürchten, dass sein Ansatz einen Deal mit Russland beinhalten könnte, der die territoriale Integrität der Ukraine gefährdet.
• Kamala Harris hingegen hat sich stärker für die Sache der Ukraine eingesetzt, bleibt aber in Bezug auf die künftige Politik vage, sodass unklar ist, wie ihre Regierung vorgehen würde.
• Olga Rudenko wies darauf hin, dass beide Kandidaten schwierige Entscheidungen für die Ukraine mit sich bringen könnten, da keiner von ihnen ein eindeutig positives Ergebnis für das Land verspricht.

Europäische Sicherheitsbedenken:
• Über die Ukraine hinaus konzentrierte sich die Diskussion auch darauf, wie Europa in Bezug auf seine Sicherheit weiterhin übermäßig von den USA abhängig ist. Obwohl seit Trumps erster Wahl acht Jahre vergangen sind und die Notwendigkeit einer europäischen Verteidigungsunabhängigkeit immer deutlicher wird, mangelt es Europa immer noch an militärischen Beiträgen und Selbstversorgung.
• Die Diskussionsteilnehmer kritisierten Europa dafür, dass es seine Versprechen nicht einhält, darunter die zugesagte Munitionsknappheit für die Ukraine. Sie betonten, dass Europa eine eigene kohärente Verteidigungsstrategie entwickeln müsse, unabhängig davon, wer im Weißen Haus sitzt.

Angst vor Eskalation:
• Die Angst, Russland durch die Lieferung modernerer Waffen an die Ukraine zu provozieren, hat die Unterstützung der USA und Europas eingeschränkt. Die Diskussionsteilnehmer betonten, dass diese Vorsicht von Russland als Schwäche missverstanden werden könnte, was die Situation weiter destabilisieren würde.
• Die wiederholten Hinweise des deutschen Bundeskanzlers auf die nukleare Bedrohung durch Russland trage maßgeblich zur Angstmacherei in der deutschen Öffentlichkeit bei. Dies stehe im Gegensatz zu Politikern wie Boris Johnson, der die nukleare Bedrohung herunterspielte, um Panik zu vermeiden.
• Die Diskussion verlagerte sich dann auf die umfassenderen Auswirkungen der deutschen Beiträge zur Verteidigung der Ukraine, wobei kritisiert wurde, dass die Regierung die strategische Bedeutung der Unterstützung der Ukraine nicht effektiv kommuniziere und sie stattdessen als selbstlosen Akt darstelle, anstatt als einen Akt, der mit der eigenen Sicherheit Deutschlands verbunden sei.
• Es wurde eine ukrainische Perspektive eingebracht, in der betont wurde, dass Europa und die USA das Eskalationspotenzial Russlands überschätzen. Obwohl die Ukraine zum ersten Mal seit 70 Jahren russisches Territorium betreten hat, war die Reaktion Russlands verhalten und die Bedeutung des Einfalls wurde in den russischen Medien heruntergespielt. Es wurde betont, dass Russland zwar weiterhin aggressiv sei, seine Handlungen jedoch keine unmittelbare nukleare Bedrohung darstellten.
• Es wurde auch das Zögern des Westens kritisiert und argumentiert, dass mehr Druck auf Russland ausgeübt werden müsse, einschließlich strengerer Sanktionen und der Umwidmung eingefrorener russischer Vermögenswerte, ohne die Situation zu eskalieren.
• In der Diskussion wurden auch die bevorstehenden US-Wahlen angesprochen. Die Unsicherheit über die zukünftige Unterstützung der Ukraine durch Amerika nach den Wahlen sei besorgniserregend. Europa, insbesondere Deutschland, hätte sich in den letzten zehn Jahren besser vorbereiten müssen, aber noch immer tragen die USA den Großteil der militärischen und finanziellen Unterstützung für die Ukraine.
• Europäische Politiker, insbesondere in Deutschland, konzentrieren sich zu sehr auf die Innenpolitik und versäumen, die umfassenderen geopolitischen Herausforderungen anzugehen.
• Es wurde auch die historische Faszination und Sympathie für Russland im Westen angesprochen, die auf kulturellen und wirtschaftlichen Bindungen beruht. Diese Sichtweise habe trotz der Handlungen Russlands in der Ukraine eine gewisse Nachsicht gegenüber Russland ermöglicht.
• Im Weiteren wurde das Thema einer möglichen Friedenskonferenz diskutiert, die von Bundeskanzler Olaf Scholz vorgeschlagen wurde. Olga Rudenko beurteilt die Initiative als „naiv“, insbesondere angesichts der anhaltenden russischen Bedrohung und der politischen Spaltung des Westens.
• Es herrschte Skepsis darüber, ob Russland ernsthaft über Frieden verhandeln würde. Das könne Putin nur in Betracht ziehen, wenn ausreichend Druck ausgeübt würde, auch durch die amerikanische Führung. Die Aussicht auf ein Wiederaufleben des Isolationismus der USA, insbesondere unter einer künftigen Trump-Regierung, ließ jedoch Zweifel an einem langfristigen amerikanischen Engagement aufkommen.
• Abschließend wurde die Bedeutung der Einheit des Westens betont, sowohl bei der Unterstützung der Ukraine als auch bei der Bekämpfung des russischen Einflusses und der sorgfältigen Navigation durch die komplexe geopolitische Landschaft, die sowohl von den Wahlen in Europa als auch in den USA geprägt ist.

Die Aufzeichnung des Live-Streams der Diskussion finden Sie hier.

M100 MEDIA AWARD

Zum Abschluss des M100 Sanssouci Colloquiums fand die Verleihung des M100 Media Award an Dr. Vjosa Osmani-Sadriu, Präsidentin der Republik Kosovo, und Donald Tusk, Ministerpräsident der Republik Polen, statt.
Mit dem Preis werden sie als unverzichtbare Stimmen für die demokratische freie Gesellschaft in Europa und als Wegbereiter für ein modernes, stabiles Europa ausgezeichnet.
Für Donald Tusk, der nicht persönlich kommen konnte, nahm stellvertretend Professor Adam Bodnar, Justizminister der Republik Polen, an der Verleihung teil. Die Fernsehjournalistin Astrid Frohloff führte durch den Abend.

Eine Zusammenfassung des Abends sowie alle Reden finden Sie hier.

Moritz van Dülmen, Adam Bodnar, Joachim Gauck, Vjosa Osmani-Sadriu, Mike Schubert, Rudolf Scharping, Faruk Ajeti, © M100/Ulf Büschleb

Ein herzliches Dankeschön an unsere Förderer, Sponsoren und Partner!

M100SC: Landeshauptstadt Potsdam, Medienboard Berlin-Brandenburg, Deutsche Postcode Lotterie, Auswärtiges Amt, Agentur Medienlabor, DemokratieCampus, AFP, MVFP, Reporter ohne Grenzen, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten
M100YEJ: Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit, Deutsche Postcode Lotterie, ZEIT Stiftung Bucerius.