Jasmin Tabatabai und Düzen Tekkal

Jasmin Tabatabai, deutsch-iranische Schauspielerin und Musikerin
Düzen und ich sehen uns ja beide als Schallverstärker, etwas, das wir seit einem Jahr machen, heute müssen wir das eigentlich gar nicht so tun, weil wir so tolle Reden gehört haben, Herr Oberbürgermeister, Frau von der Leyen: Fantastische Reden. Vor allen Dingen haben wir die echten Stimmen von Frauen aus dem Iran hier auf der Bühne gehabt, das haben wir auch nicht alle Tage. Das ist so wichtig und wertvoll. Seit Wochen verstärkt das Regime den Druck auf die Menschen. Sie verhaften so ziemlich jeden, der etwas gesagt hat im letzten Jahr, der an den Protesten teilgenommen hat, sie schüchtern die Leute ein, die Brutalität in den Gefängnissen ist sehr angestiegen. Das Regime versucht auch, die Iraner im Ausland einzuschüchtern, ich habe heute ein siebenminütiges Video gesehen, in dem sie behaupten, dass sie drei Leute aus London, Berlin und Amerika verhaftet haben und im Iran zur Rechenschaft ziehen. Umso wichtiger ist es und wie dankbar bin ich, dass Sie mit diesem Abend den Fokus weiter auf den Iran lenken, denn dieses Regime ist es gewohnt, im Verborgenen zu töten und seine Verbrechen zu begehen. Und ich bin jedem dankbar, der uns hilft, das zu beenden. Denn die Message, die Shima vorhin auf der Pressekonferenz gesagt hat, die Message von uns an das Regime ist: Die Zeiten, in denen wir geschwiegen haben, sind vorbei. Ihr könnt nicht einfach so weitertun wie bisher.

Düzen Tekkal, Journalistin, Menschenrechtsaktivistin, Gründerin HÁWAR.help
Jin, Jiyan, Azadî! Wichtig ist, nochmal zu betonen, dass die Jin, Jiyan, Azadî-Bewegung lebt. Sie lebt, und das wurde gerade eindrucksvoll bewiesen von Shima und auch von Mersedeh, die Zeitzeugen sind von der Entmenschlichung, die ihr Augenlicht verloren haben und trotzdem bereit waren, für diese Freiheit zu sterben, das sind unsere Vorbilder. Und es geht darum, dass die Menschen im Iran, die auf die Straße gehen, immer auch für die offene Gesellschaft kämpfen und nicht nur für sich selbst. Sie kämpfen für Frauenrechte, für universalistische Menschenrechte, und auch die Männer, die diese Frauen begleitet haben und für Jin, Jiyan, Azadî hingerichtet worden sind, sind auch für die offenen Gesellschaften hingerichtet worden. Der Preisträger im letzten Jahr, Wladimir Klitschko, seine Feinde sind auch die Feinde der Zivilbevölkerung im Iran. Die Drohnenangriffe gefährden Europa und gefährden die Welt. Wenn wir wollen, dass diese Welt eine bessere wird, dann müssen wir im eigenen Interesse diese Freiheitsbewegung in Iran unterstützen. Und wir müssen keine Iraner sein, um solidarisch zu sein mit dem, was im Iran passiert. Jina Mahsa Amini war Kurdin, aber es war das erste Mal, dass das ganze Land aufbegehrt hat, von Kurdistan bis Teheran, und gesagt hat: Wir sind alle Jina Mahsa Amini. Der Spruch der Widerstandsbewegung Jin, Jiyan, Azadî ist mir als Kurdin, als Jesidin, als Frau, als Kriegsberichterstatterin zum ersten Mal 2014 begegnet, als die mutigen Frauen im Irak die IS-Mörderbanden besiegt haben. Und die IS-Mörderbanden und das islamische Regime wollen entmenschlichen. Sie sind das Gegenteil von Frauen, Leben, Freiheit, und deshalb fürchten sie diese Bewegung so sehr. Und deshalb stehen wir an ihrer Seite gemeinsam. Und es gibt diesen Jin, Jiyan, Azadî-Effekt, und es geht genau um diese blühenden Plattformen, die keine Selbstverständlichkeit sind. Und es ist eine Herzensangelegenheit für die Menschen im Iran und für alle, die Entrechtung widerfahren haben, dass zum Beispiel jemand wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen heute das Wort ergreift und sich hinter diese Menschen stellt. Es geht auch um die symbolische Kraft des Widerstands, und die werden wir weiterhin so laut wie möglich als Schallverstärker unterstützen.