Giorgi Dvalishvili über die Proteste in Georgien

28. April 2024. Georgien galt einst als demokratischer Hoffnungsträger Osteuropas. Mit den Nachbarn Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Moldau und Ukraine ist es seit 15 Jahren Mitglied der Östlichen Partnerschaft der EU, vor acht Jahren hat es mit der EU ein Assoziierungs- und Freihandelsabkommen abgeschlossen, am 3. März 2022 es einen Antrag auf Mitgliedschaft in der EU gestellt.
Doch spätestens, nachdem genau ein Jahr später die Regierung ein umstrittenes, an Russland angelehntes „Agentengesetz“ zur staatlichen Kontrolle von Nichtregierungsorganisationen durchsetzen wollte, das massive Proteste der Zivilbevölkerung ausgelöst hat, brodelt es in dem kaukasischen Staat.
Nun hat der im Februar zum neuen Premierminister gewählte Irakli Kobachidse der pro-russischen Partei „Georgischer Traum“ das im letzten Jahr gescheiterte „Agentengesetz“ erneut auf die Agenda gesetzt. Danach müssen sich alle Nichtregierungsorganisationen mit mehr als 20 Prozent ausländischer Finanzierung, die damit „im Interesse einer ausländischen Macht handeln“, in ein Register eintragen. Seitdem demonstrieren wieder täglich Tausende auf den Straßen von Tiflis gegen den russlandfreundlichen Kurs der Regierung, die eine EU-Mitgliedschaft Georgiens in weite Ferne rücken dürfte.
Unter den Demonstranten ist auch Giorgi Dvalishvili, Nachrichtenreporter bei TV Pirveli, der letztes Jahr am M100YEJ teilgenommen hat. „Die Regierungspropaganda behauptet, dass ein ähnliches Gesetz in mehreren europäischen Ländern und in den Vereinigten Staaten von Amerika in Kraft sei, was nicht stimmt und einem großen Teil der georgischen Bevölkerung bekannt ist“, schreibt er. „Trotz der weit verbreiteten Proteste zeigt die Regierung keine Absicht, den Gesetzesentwurf zurückzuziehen, was zu noch größeren Demonstrationen und möglicherweise zu einer Gefährdung der Demonstranten führen könnte, da Vertreter des Innenministeriums und der Spezialeinheiten ihre Aggressivität gezeigt und zu physischen Vergeltungsmaßnahmen gegriffen haben. In dieser schwierigen Zeit plädiere ich für ein verstärktes Engagement unserer Verbündeten und für den Einsatz aller verfügbaren Mittel, einschließlich von Sanktionen, da die Regierungsspitze Sanktionen fürchtet.“