Das Thema des M100 Sanssouci Colloquiums 2021

“From Crisis in Perpetuity to Democratic Resilience” ( „Von der Dauerkrise zu demokratischer Resilienz“) lautet der Titel des 17. M100 Sanssouci Colloquiums, das am 6. Oktober 2021 als hybrides Format online und im barocken Schlosstheater des Neuen Palais in Potsdam stattfindet.
Rund 100 Medien- und Meinungsmacher sind eingeladen, um in verschiedenen Sessions über Leadership (post-)Corona, unseren Umgang mit der „Krise in Permanenz“ sowie über Verantwortung und aktuelle Herausforderungen der Medien in dieser Gemengelage zu diskutieren.

Das 21. Jahrhundert begann als Zeitalter der Disruption. 2021 könnte den vorläufigen Höhepunkt dieser Entwicklung markieren: Nicht nur werden die Folgen und Verwerfungen der COVID-19-Pandemie deutlich erkennbar. Mit dem Ende der Kanzlerschaft Angela Merkels steht auch eine politische Zäsur bevor. Dies zu einer Zeit, in der die Pandemie Regierungen auf der ganzen Welt mit einem veritablen Stresstest konfrontiert, der Defizite und Schwachstellen in den Bereichen Digitalisierung, Infrastruktur und, im weiteren Sinne, Governance deutlich zu Tage treten lässt.

Denn egal ob Corona, die Finanz- und Eurokrise, globale Fluchtbewegungen oder der BREXIT (ganz zu schweigen von der Klimakrise, die von all den anderen Krisen zwischenzeitlich immer wieder verdrängt wird) – die Krise ist das Signum unserer globalisierten, digital vernetzten Welt geworden.

Dabei scheinen sich die Beschleunigung des digitalen Fortschritts und die Beschleunigung der Krisen wechselseitig zu bedingen: Twitternde Staatsoberhäupter, Fake News und Debatten, mit denen sich Gesellschaften an den Rand des Nervenzusammenbruchs zu manövrieren scheinen, prägen unsere Öffentlichkeiten. So stellt sich nicht zuletzt die Frage, wie wir verhindern, dass aus konkreten, sachpolitischen Problemen wie Migration oder einer Pandemie Kulturkonflikte, Krisen der Repräsentation und am Ende Krisen der Demokratie werden.
Journalismus und Medien sind beides, Symptom und Treiber dieser Entwicklungen, weshalb sie und ihr Verhältnis zu Wissenschaft und Politik im Rahmen der Konferenz besonderes Augenmerk verdienen. Letztlich sehen sich Medienhäuser wie auch politische Institutionen weltweit – in bemerkenswerter Parallelität – mit ganz ähnlich gelagerten und ähnlich massiven gesellschaftlichen und technologischen Disruptionen konfrontiert.

Der Logik der großen Silicon Valley-Plattformen und ihrer auf Profit statt auf Aufklärung optimierten Algorithmen gemäß, finden auch Medien sich in einem immer atemloseren Wettbewerb um die stärksten Emotionen und gewagtesten Deutungen. Für die Uneindeutigkeit, Unwägbarkeit und Prozesshaftigkeit, die demokratischer Problembewältigung stets zu eigen ist, bleibt dabei immer weniger Raum, für Fake News, Hate Speech und Desinformation hingegen viel.
Hinzu kommt die Gefahr des Autoritarismus. So ist die Meinungs- und Pressefreiheit weltweit unter starken Druck geraten, auch und vor allem in autoritär regierten Ländern wie China, Iran, Russland oder Saudi-Arabien, die mit neuen Strategien und Instrumenten Demokratie und Menschenrechte auch international zu destabilisieren versuchen.

Aber es gibt auch Beispiele, die zeigen, wie Journalismus durch die Bereitstellung sorgfältig recherchierter Fakten aus Krisen profitieren kann: Nicht zuletzt das NED hat in einem kürzlich veröffentlichten Bericht mehrere Beispiele aufgezeigt, in denen unabhängige, investigative Medien irreführende Nachrichten über die COVID-19-Pandemie in den Medien und in sozialen Netzwerken entlarven und zudem traditionelle Berichterstattung betreiben. Der Lohn sind eklatant steigende Nutzer- und Abonnentenzahlen.

Corona wird nicht die letzte Krise sein, das Veränderungstempo nicht abnehmen, unsere Öffentlichkeit sich weiter verändern. Die „Digitalisierung der Demokratie“ mit allen Vor- und Nachteilen ist längst im Gange, ihr Ausgang ungewiss.

Damit stehen wesentliche journalistische wie auch demokratische Prozesse, seit jeher prägende Grundprinzipien, auf dem Prüfstand. Umso drängender wird es sein, neben einer Bestandsaufnahme zur aktuellen Lage auch Fragen wie die folgenden zu diskutieren:
Was lernen wir aus der Pandemie? Wie krisenfest ist unsere Demokratie und wie muss sie sich verändern? Wie ist es um das Verhältnis Politik-Wissenschaft-Medien bestellt? Wie können wir auch in der Krise in Permanenz zu gesellschaftlicher Selbstvergewisserung gelangen? Was macht die Menschen in Europa wieder so anfällig für antidemokratische, autokratische Herrschaftsformen? Warum sehnen sich immer mehr nach „harter Hand und starkem Staat?“ Welche Rolle spielen die Medien in diesen besorgniserregenden Entwicklungen? Und wie können unabhängige Medien kraftvoll dagegen steuern? Anders formuliert: Was können wir, was können die Medien dafür tun, damit unserer Demokratie nicht irgendwann die sprichwörtliche Sicherung durchbrennt?

Strategien zur Entwicklung demokratischer Resilienz und die Frage, welche Verantwortung den Medien in diesem Zusammenhang zuteilwird, welchen Beitrag sie dazu zu leisten in der Lage sind, sollen Gegenstand des M100 Sanssouci Colloquiums 2021 sein.