„Früher habe ich Juden gehasst“

Luai Ahmed, ein aus dem Jemen stammender Journalist, Buchautor und Conten Creator, der seit 2014 in Schweden lebt, hat beim M100 Sanssouci Colloquium einen beeindruckenden Impuls gehalten. In ihm beschreibt er seinen Werdegang vom Israelhasser zum Kämpfer gegen Antisemitismus, und wie man Demokratie auf Social Media verteidigt. Mittlerweile ist er ein vehementer Kritiker eines radikalen Islam und autoritärer Regime im Nahen und Mittleren Osten. Der Beitrag ist auch auf ZEIT Online erschienen.

Ich heiße Luai Ahmed, bin Journalist und Content-Creator, 31 Jahre alt, und komme aus Sanaa im Jemen. Ich kämpfe auf meinen Social-Media-Plattformen gegen islamischen Extremismus, Antisemitismus, Rassismus, Homophobie und Sexismus.
Ich bin Teil einer Onlinebewegung namens Builders of the Middle East. Neben einem englischsprachigen Kanal, den ich moderiere, betreiben wir zwei weitere – einen in arabischer und einen in hebräischer Sprache. Wir erzählen dort Geschichten, die von Menschlichkeit und von Menschen handeln. In unserem Team arbeiten Araber und Juden, die von Extremismus, Gewalt und Hass restlos bedient sind und ihre ganze Kraft dafür einsetzen, den Nahen Osten zu „entradikalisieren“.
Ich arbeite heute mit Jüdinnen und Juden zusammen, mit denen mich eine tiefe Zuneigung verbindet. Ich habe jüdische Freundinnen und Freunde, die mir sehr, sehr viel bedeuten. Das war nicht immer so.

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Götz Hamann: Desinformation im Nahostkonflikt

11. Dezember 2023. Götz Hamann, Reporter Technologie und Digitale Gesellschaft bei ZEIT ONLINE und regelmäßiger Teilnehmer des M100 Sanssouci Colloquiums, ist in einem aktuellen Essay der „information pollution“ und Bildern als Kriegstaktik nachgegangen.

Darin beschreibt er unter anderem, wie die die israelische Firma Cyabra aus Tel Aviv in den ersten 48 Stunden nach den Morden der Hamas die großen Netzwerke TikTok, Instagram, Telegram und X nach Beiträgen über das Massaker durchsucht hat. Ein Ergebnis: „Ein Viertel der Beiträge stammte von Fake-Nutzern. Und die Schnelligkeit, mit der manipulierte Videos in Umlauf kamen, ihre Qualität, die schiere Zahl und auch die Zahl der leicht davon abweichender Varianten deuten auf staatliche Akteure hin. Niemand sonst hat solche Möglichkeiten.“
Die Ziele der staatlichen Akteure waren dabei nahezu identisch, so Hamann: „den Westen zu diskreditieren für seine Politik im Nahen Osten, aber zugleich möglichst viele Musliminnen und Muslime und damit die großen Einwanderercommunitys in Europa und den USA gegen jene Regierungen aufzuwiegeln, die Israel unterstützen. Denn die Kampagnen verstärkten die Erzählung der Hamas: Sie versuchte Terroristen zu Freiheitskämpfern zu machen und brutale Entführer zu fürsorglichen Betreuern. Damit verdrehte die Propaganda eine ohnehin schreckliche Wirklichkeit auf obszöne Weise und verwertete sie zu eigenen Zwecken. Laut Cyabra haben diese Kampagnen in den ersten 48 Stunden nach den Morden bis zu 500 Millionen Menschen erreicht. Viele von ihnen haben das Thema aufgegriffen. Die Propaganda fiel auf einen fruchtbaren Boden.“
Die antisemitischen Demonstrationen weltweit, verbunden mit dem zur Vernichtung Israels auffordernden Slogan „From the River to the Sea, Palestine will be free“, sind ein trauriger Beweis dafür.

Wolfgang Ischinger mit „Preis für Verständigung und Toleranz“ ausgezeichnet

15. November 2023. Am Samstag, dem 11. November, hat das Jüdische Museum Berlin den „Preis für Verständigung und Toleranz“ an M100-Beirat Prof. Dr. Wolfgang Ischinger, Präsident des Stiftungsrates der Stiftung Münchner Sicherheitskonferenz verliehen. Die Laudatio hielt Botschafter a.D. Ronald S. Lauder. Wir gratulieren herzlich!
In einem Interview mit dem Handelsblatt warnte Ischinger vor kurzem vor „flächenbrandartigen Entwicklungen“ im Nahen Osten und dass Israel ein Zweifrontenkrieg mit unabsehbaren geopolitischen Folgen drohe: „Im Süden gegen die Hamas und im Norden gegen die Hisbollah, die nachweislich um ein Vielfaches kampfkräftiger ist als die Hamas“, so Ischinger. „Auch Maßnahmen Israels gegen iranische Stellungen in Syrien oder den Iran selbst sind dann nicht mehr auszuschließen. Dann wird der Iran zu ganz anderen Mitteln greifen.“ Jetzt komme es darauf an, „dass die Regierung in Israel nicht über das Ziel hinausschießt.“
Er rät jedoch, sich „wohlfeile Ratschläge an die israelische Seite vom deutschen Sofa aus angesichts der Dimension dieser Terrortragödie am besten zu verkneifen. Ich bin aber sicher, dass Israel weiß, dass es mit seinen bevorstehenden militärischen Aktionen in eine politische Falle der Hamas tappen könnte: Dort wünscht man sich nichts mehr als möglichst große Zahlen an palästinensischen Märtyrern und möglichst blutige Bilder aus Gaza, um den eigenen Terror mit der Anklage gegen Israel übertünchen zu können. Das wird, wie jetzt schon zu sehen ist, nicht nur in der arabischen Welt, sondern auch zum Beispiel in (Berlin-)Neukölln verfangen, auch wenn es der Gipfel des Zynismus ist. (…) Diese Freudengesänge von teilweise jugendlichen Hamas-Anhängern auf deutschen Straßen sind unerträglich.“