Jeder, der für Freiheit und Demokratie kämpft, kämpft nie für sich allein. Er kämpft immer für uns alle.
Darum ist es mir eine besondere Ehre, dass wir Sie heute zum 20. Mal zur Verleihung des M100 Media Awards in unserer Stadt, im Orangerieschloss Sanssouci willkommen heißen dürfen!
Allen voran unsere diesjährigen Preisträger, die Präsidentin der Republik Kosovo, Dr. Vjosa Osmani-Sadriu und den polinischen Justizminister, Prof. Adam Bodnar – in
Vertretung für den Ministerpräsidenten der Republik Polen, Donald Tusk.
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrter Herr Minister – herzlich willkommen!
Ich begrüße Herrn Bundespräsidenten Joachim Gauck und Herrn Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping, Ihre Exzellenz, der Botschafter der Republik Kosovo, Herrn Dr. Faruk Ajeti und Ihre Exzellenz, die Botschafterin der Republik Albanien, Frau Adia Sakiqi und den Botschafter Nordmazedoniens, Herrn Ilber Sela.
Bundeskanzler Olaf Scholz kann bedauerlicherweise heute Abend nicht unser Gast hier in Potsdam sein. Er lässt jedoch herzliche Grüße – und seinen Glückwunsch an die Preisträgerinnen und Preisträger ausrichten.
Sehr geehrte Damen und Herren,
lieber Beirat,
wir feiern unser 20. Jubiläum!
Darum möchte ich Sie auf einen kurzen Ausflug in die Vergangenheit mitnehmen, ins Jahr 2005:
YouTube ist gerade gegründet worden, Facebook ein Geheimtipp für Studierende. Instagram und Tiktok sind vermutlich noch nicht einmal Ideen.
Niemand hat ein Smartphone. Das erste kommt erst zwei Jahre später auf den Markt.
Die Europäische Union ist gerade um zehn Länder gewachsen, darunter viele ehemalige Ostblockstaaten, die sich nach Jahrzehnten der Unterdrückung auf den Weg in die Freiheit gemacht hatten. Auch die Republik Polen.
Deutschland steht wenige Tage vor der Bundestagswahl, aus der seine erste Bundeskanzlerin hervorgehen wird.
Und hier in Potsdam findet zum ersten Mal das M100 Sanssouci Colloquium statt.
Seitdem treffen sich jeden September rund 100 Journalistinnen und Journalisten, Medienunternehmerinnen und -unternehmer, Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft hier im Park Sanssouci, um über gesellschaftspolitische Entwicklungen und die Rolle der Medien zu diskutieren.
Ich möchte dem M100-Beirat und dem Produktionsteam auch in diesem Jahr wieder herzlich dafür danken. Lieber Jann Jakobs, liebe Sabine Sasse, lieber Moritz van Dülmen: Danke!
Mein Dank gilt auch den Vertreterinnen und Vertretern der Medien, die sich Jahr für Jahr in diese Veranstaltung eingebracht haben: Dr. Leonard Novy etwa, Cristoph Lanz, Kai Diekmann, Stephan-Andreas Castorff, Prof. Alexandra Borchardt, Mathias Müller von Blumencron, Sabine Schicketanz, Klaus Rost, Dagmar Rosenfeld, Dr. Uwe Vorkötter und Ihnen, liebe Astrid Frohloff!
Danken möchte ich ebenfalls allen Förderern, Partnern und Sponsoren, die diese Veranstaltung möglich gemacht haben, an erster Stelle dem Medienboard Berlin-Brandenburg und dem Auswärtigen Amt, die von Anfang an treu zu M100 stehen.
Abschluss und Höhepunkt des Colloquiums ist jedes Mal die Verleihung des M100 Media Awards an Menschen, die sich um Demokratie und Freiheit verdient gemacht haben – manche unter Einsatz ihres Lebens und alle mit größter Leidenschaft, Mut und Entschlossenheit.
Die diesjährigen Preisträger – Präsidentin Vjosa Osmani-Sadriu und Ministerpräsident Donald Tusk – waren vor zwei Jahren beide schon einmal gemeinsam hier zu Gast.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Sie diskutierten mit Wolfgang Ischinger darüber, welchen Beitrag der westliche Balkan zu einer stabilen europäischen Gemeinschaft leisten kann.
Donald Tusk hielt die Laudatio für Dr. Wladimir Klitschko, der den M100 Media Award für das ukrainische Volk entgegennahm.
Beide – Dr. Vjosa Osmani-Sadriu und Donald Tusk ¬– sind unverzichtbare Stimmen für ein modernes, stabiles Europa. Gerade jetzt sind ihre Stimmen von unschätzbarem Wert – für ihre Länder und für unseren ganzen Kontinent.
Wir befinden uns permanent in der Krise: Seit bald drei Jahren haben wir Krieg in Europa. Hinter uns liegt eine Pandemie, deren Folgen wir immer noch spüren. Der Klimawandel beschert uns immer häufiger immer größere Naturkatastrophen.
Die Digitalisierung, die vieles vereinfacht, macht die Welt aber auch komplexer und schneller. Eine gute Zeit für Populisten, für falsche Versprechen.
Unsere Demokratien stehen unter Feuer!
„Democracy under attack“ war auch das Motto des diesjährigen Colloquiums. Wie gehen wir in diesem Superwahljahr 2024 mit Desinformationskampagnen um? Wie mit den Möglichkeiten und Gefahren von Künstlicher Intelligenz?
3,6 Milliarden Menschen waren oder sind 2024 aufgerufen, ihre Stimme abzugeben – so viele wie noch nie.
Dass aber nicht jede Wahl frei ist, wissen diejenigen unter uns, die in noch jungen Demokratien leben, besonders gut. Unsere Länder haben die Diktaturen überwunden. Umso mehr schmerzt es, wenn wir nach Russland blicken.
Alexei Nawalny, der mit unverwüstlichem Mut gegen das autoritäre Regime Putins gekämpft hat, hat für diesen Kampf mit dem Leben bezahlt. Vor drei Jahren haben wir ihn mit dem M100 Media Award ausgezeichnet. Nach 1.126 Tagen Lagerhaft in Russland ist er in diesem Februar gestorben – einen Monat vor der Präsidentschaftswahl. Der heutige Abend gehört auch ihm. Sein Vermächtnis und das aller ermordeter Politiker und Journalisten Russlands wird bleiben.
Sehr geehrte Damen und Herren, in zehn Tagen werden wir hier in Brandenburg unseren Landtag wählen. Für manche in Potsdam schon die vierte Wahl in diesem Superwahljahr. Und wir müssen gar nicht nach Sachsen oder Thüringen schauen: Den stärker werdenden Einfluss demokratiefeindlicher Kräfte spüren auch wir. Die Gefahr, die von ihnen ausgeht, müssen wir ernst nehmen. Lähmen darf sie uns nicht. Sie muss uns aufrütteln. So wie in diesem Januar, als bekannt wurde, dass in unserer Stadt auf einem Treffen Rechtsextremer menschen- und staatsfeindliche Ideen für eine mögliche Machtübernahme besprochen wurden. 10.000 Potsdamerinnen und Potsdamer sind damals auf die Straße gegangen, um zu zeigen, wofür Potsdam wirklich steht: nämlich für Vielfalt und Toleranz. Dieser Demonstration folgten viele weitere in ganz Deutschland. Hunderttausende traten ein für die Demokratie.Mich macht das stolz auf unsere Stadt, auf unser Land.
Aber um eine Demokratie dauerhaft zu bewahren, reichen Zeichen und Gesten nicht. Darum möchte ich Ihnen eine kleine Geschichte erzählen, die sich dieses Jahr am Rande unserer Kommunalwahl abspielte: Direkt danach tauchte in den sozialen Medien ein Video mit falschen Informationen auf, das den Wahlhelfern vorwarf, sie hätten angeblich die Wahl beeinflusst: Ein Angriff auf das Vertrauen in unsere freien Wahlen. Das Video drohte, sich rasend zu verbreiten. Unser Wahlleiter hat damals sehr klug reagiert: Statt sich für die ganz klar erfundenen Vorwürfe zu rechtfertigen, hat er die Mittel unseres Rechtsstaates genutzt und Anzeige erstattet. Zusätzlich haben die lokalen Medien und wir über unsere Social Media-Kanäle unsere Bürgerinnen und Bürger aufgeklärt und gewarnt. Der mutmaßliche Urheber hat sich inzwischen zu seiner Tat bekannt. Er hat sich bei unserem Wahlleiter gemeldet und sich für seine Lügen entschuldigt. Und hilft nun vielleicht sogar selbst bei der anstehenden Landtagswahl mit.
Das ist kein „Happy End“, aber es ist eine Chance. Die Chance, einem Zweifler zu zeigen, wie Demokratie funktioniert. Die Chance zu zeigen, dass es Bürgerinnen und Bürger wie er sind, die sich ihre freien Wahlen organisieren und nicht „die da oben“.
Denn die Menschen, wir alle, sind die Demokratie. Sie ist auf uns angewiesen, auf unser Mitwirken. Je mehr von uns mitmachen, umso stärker wird sie. Ich bin fest überzeugt, dass wir jede Chance, unsere Demokratie zu stärken, nutzen müssen. Und sei sie noch so klein und scheint sie noch so nebensächlich.
Die Geschichten der M100 Media-Award-Preisträgerinnen und -Preisträger führen uns vor Augen, wie kostbar sie ist, wie existenziell Freiheit.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen anregenden und bewegenden Abend!
Vielen Dank.