Can Dündar eröffnet das M100 Sanssouci Colloquium

Potsdam, 19. Juli 2017. „Demokratie oder Despotie? Die Renaissance der dunklen Mächte“ lautet das Thema des diesjährigen M100 Sanssouci Colloquiums, und wer könnte darüber besser sprechen als der Chefredakteur der türkisch-deutschen Nachrichtenplattform „Özgürüz“ und ehemalige Chefredakteur der Zeitung „Cumhuriyet“, Can Dündar.

Seit über einem Jahr lebt er im Exil, nachdem er 2014 gemeinsam mit seinem Kollegen Erdem Gül über geheime türkische Waffenlieferungen an Extremisten in Syrien berichtet hatte und beide daraufhin zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. Während Dündar ins Ausland fliehen konnte, wurde seiner Frau Dilek der Reisepass entzogen. Sie darf die Türkei nicht verlassen. „Früher“, sagte er 2016 auf der Frankfurter Buchmesse, „war die Türkei das einzige moderne, säkulare Land mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit“. Inzwischen sei es eine islamische Diktatur. „Wir verlieren dieses Land.“ Solange in der Türkei der Ausnahmezustand gelte, so Dündar, werde er nicht zurückkehren. Seit dem Putschversuch herrsche in seinem Heimatland „Gesetzlosigkeit“, er habe kein Vertrauen mehr in die türkische Justiz.

Der vielfach ausgezeichnete Dündar schreibt regelmäßig Kolumnen für „DIE ZEIT“. Im Januar 2017 hat er in Zusammenarbeit mit dem gemeinnützigen Recherchenetzwerk „Correctiv!“die zweisprachige journalistische Plattform „Özgürüz“ gelauncht. In der Türkei ist die Seite geblockt.

Dündar nimmt nach 2016 zum zweiten Mal am M100 Sanssouci Colloquium teil. In diesem Jahr diskutieren über 70 Chefredakteure, Historiker und Vertreter politischer Organisationen aus 21 Ländern in der Orangerie von Sanssouci in Potsdam über Visionen und Strategien in einer internationalen Ordnung unter neuen Vorzeichen sowie über die Krise der Demokratie und der Medien angesichts sich rasant verändernder Rahmenbedingungen.

Zu den Teilnehmern zählen Sven Afhüppe (Chefredakteur Handelsblatt, Düsseldorf), Jamie Angus (Chefredakteur BBC Global News, London), Erik Bjerager (Chefredakteur Kristeligt Dagblad, Kopenhagen), Prof. Jason Brennan (Professor for Strategy, Economy, Ethics, Public Policy, Georgetown University, Washington), Klaus Brinkbäumer (Chefredakteur Der Spiegel, Hamburg), Judy Dempsey (Chefredakteurin Carnegie’s Strategic Europe, London), Dr. Tobias Endler (Heidelberg Center for American Studies, Heidelberg), Sven Gösmann (Chefredakteur dpa, Berlin), Claude Guibal (Chefreporterin France Inter, Paris), Ulrik Haagerup (Gründer & Vorstand Constructive Institute, Aarhus), Lauri Hussar (Chefredakteur Postimees, Tallinn), Viktor Jerofejew (Schriftsteller, Moskau), Áine Kerr (Journalism Partnerships, Facebook), Xenia Kounalaki (Leiterin Auslandsressort, Kathimerini daily, Athen), Mark Leonard (Direktor ECFR, London), Peter Limbourg (Intendant Deutsche Welle, Köln/Berlin), Yannis Mastrogeorgiou (Direktor DIKTIO, Athen), Sebastian Matthes (Chefredakteur Huffington Post Germany, München), Sonia Mikich (Chefredakteurin WDR, Köln), Mathias Müller von Blumencron (Chefredakteur Digitale Medien FAZ, Frankfurt/M.), Arkady Ostrovsky (Korrespondent Russland und Osteuropa The Economist, London), Dr. Christian Rainer (Chefredakteur Profil, Wien), Prof. Dr. Andreas Rödder (Johannes Gutenberg-Universität Mainz), Harun Simavi (Gründer Diken, Istanbul), Maria Stepanova (Chefredakteurin Colta.ru, Moskau), Sergij Sydorenko (Chefredakteur European Pravda, Kiew), Dr. Sylke Tempel (Chefredakteurin Internationale Politik, Berlin), Maxim Trudolyubov (Editor-at-Large Vedomosti, Moskau), Dr. George Tzogopoulos (Gründer Chinanadgreece.com, Athen), Dr. Uwe Vorkötter (Chefredakteur Horizont-Gruppe, Frankfurt/Main) und Ursula Weidenfeld (Wirtschaftsjournalistin, Berlin).

Im Anschluss an die Debatte findet die feierliche Vergabe des M100 Media Award statt. Bisherige Preisträger sind u.a. Lord Norman Foster, Dr. Bernard Kouchner, Bob Geldof, Ingrid Betancourt, Hans-Dietrich Genscher, Kurt Westergaard, Dr. Vitali Klitschko, die Redaktion des französischen Satiremagazins Charlie Hebdo und der italienische Schriftsteller Roberto Saviano.

Der diesjährige Preisträger wird zeitnah bekannt gegeben.